03.07.2014

Verl: Gutscheine abgeschafft, Arbeitszwang eingeführt

Nach zähen Auseinandersetzungen und vielen erfolgreichen Sabotagen der Gutscheinpraxis durch die Tauschaktionen der AK-Asyl-AG, hat die Stadt Verl das Gutscheinsystem zum März 2014 abgeschafft.

Über die Abschaffung dieser rassistischen Praxis freuen wir uns zwar sehr, allerdings ist das leider trotzdem nur bedingt ein Grund zu feiern, weil kurz darauf die Stadt sogenannte "Arbeitsgelegenheiten" eingeführt hat und einige Flüchtlinge verpflichtet hat, "gemeinnützige Tätigkeiten" auszuführen. Im Kampf gegen diesen Arbeitszwang kam es erneut zu Auseinandersetzungen mit der Stadt. Inzwischen sicherten die Behörden den vom Arbeitszwang betroffenen Menschen mündlich zu, die Arbeiten würden fortan lediglich auf freiwilliger Basis beruhen und es würden bei Verweigerung keine Leistungen mehr gekürzt. Eine schriftliche Bestätigung dieser Ankündigung durch das Rathaus steht noch aus.

Doch selbst ohne Arbeitszwang und Gutscheinsystem gibt es viele Aspekte hinsichtlich der Lebensbedingungen der geflüchteten Menschen in Verl, die wir für verbesserungswürdig halten. Dazu gehören unter anderem:

  • Die Unterbringung eines Teils der geflüchteten Menschen in Containern im Wald. Wir wünschen uns, dass die Verwaltung Anstrengungen unternimmt, die Menschen in der Stadt unterzubringen (wie es in einige anderen Städten auch schon erfolgreich geschehen ist). Dies wurde uns im persönlichen Gespräch bereits zugesichert, sodass wir gerne wüssten, welche Bemühungen bisher konkret unternommen wurden. Eine weitere Maßnahme in dieser Hinsicht wäre, es den Geflüchteten zu ermöglichen, sich selbst eine Wohnung zu suchen (ggf. mit lokaler Unterstützung) - mit der Zusicherung im Erfolgsfall das Wohngeld zu übernehmen oder bar auszuzahlen.
  • Das Kontrollsystem in dessen Rahmen die geflüchteten Menschen gezwungen werden ein Mal pro Woche ihre Unterschrift im Rathaus abzugeben. Uns erscheint diese Regelung, (neben dem unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand) als unnötige Gängelung der geflüchteten Menschen, insbesondere vor dem Hintergrund der Abgeschiedenheit der Unterkunft im Wideiweg, welche jedes Mal eine aufwändige Anreise nötig macht.
  • Aus diesem Grund besteht auch eine breite Forderung danach, den Tag der Unterschrift mit demjenigen zusammenzulegen, an welchem das Geld auf dem Konto eingeht. Momentan bedeutet der Umstand, dass die Zahlungen erst einige Tage nach der Abgabe der Unterschrift auf dem Konto eingehen einen deutlichen Mehraufwand für die Geflüchteten.
  • Das Fehlen einer Zusicherung permanenter Deutschkurse
  • Das Fehlen von Sozialtickets, mit denen beispielsweise Vergünstigungen im öffentlichen Nahverkehr möglich sind
  • Die mangelhafte Ausstattung und teils unbenutzbare beziehungsweise nicht funktionierende Infrastruktur (Herd, Waschmaschine, etc.) in den Unterkünften. So steht momentan für jedes Haus nur ein Herd und eine Waschmaschine zur Verfügung, was bei der Vielzahl der dort untergebrachten Menschen bei weitem nicht ausreicht. Zudem ist der Herd im Haus nicht voll funktionsfähig, da der Ofen ausgefallen ist. Diese Umstände sind dem Rathaus bereits seit einiger Zeit bekannt. Die zugesagte Abhilfe wurde jedoch bisher nicht geleistet.
  • Die Art der (schriftlichen) Kommunikation mit den Bewohner_innen der Unterkunft, die bislang nur auf Deutsch verläuft und bereits zu gravierenden Missverständnissen geführt hat. Wir wünschen uns, dass Beschlüsse oder Anweisungen zumindest auch auf Englisch und Französisch verteilt werden. In der Vergangenheit hat eine aus unserer Sicht ungünstige Kommunikation bereits zu Missverständnissen bezüglich der Absicherung bei der gesundheitlichen Versorgung geführt: In einem vom Rathaus herausgegebenen Schreiben wurde erläutert, dass es 450 Euro koste, wenn der Krankenwagen unnötigerweise gerufen wird. Da das Schreiben jedoch nur in deutscher Sprache vorlag, interpretierten es die Geflüchteten leider so, dass sie diese Summe (auch in einem Notfall) aufbringen müssten, falls der Krankenwagen gerufen wird. Hier würden wir uns wünschen, dass bei offiziellen Erklärungen mehrsprachige Versionen angefertigt würden, um solchen Verunsicherungen vorzubeugen.