PM: Ehrenamtliche Flüchtlingshelfer_innen gegen Pläne der Bundesregierung
Die Bundesregierung plant, das Grundrecht auf Asyl mit dem Asylverfahrens-beschleunigungsgesetz stark einzuschränken. Viele Ehrenamtliche, die in Bielefeld Flüchtlingen helfen, sind entsetzt über die Pläne der Bundesregierung. Gemeinsam mit der Flüchtlingsberatung AK Asyl e.V. positionieren sie sich gegen das geplante Gesetz.
Paulina Müller ist entsetzt. Seit vielen Monaten hilft sie gemeinsam mit etlichen anderen Engagierten den Flüchtlingen, die nach Bielefeld kommen. „Ich habe schon vielen Menschen geholfen und tolle Erfahrungen gemacht. Zu manchen Flüchtlingen habe ich eine richtig enge Beziehung.“ Doch viele ihrer neuen Freunde aus Guinea, Pakistan und dem Kosovo sehen nun massiven Verschärfungen ihrer Lebenssituation entgegen. Die Bundesregierung strebt mit einem neuen Gesetz eine drastische Verschlechterung der Lebensbedingungen von Flüchtlingen an.
Das Gesetz sieht eine Unterscheidung zwischen Flüchtlingen mit und ohne „Bleiberechtsperspektive“ vor. So wird schon zu Beginn des Asylverfahrens ungeprüft eine Einteilung der Flüchtlinge in weniger und mehr Berechtigte vorgenommen. Als unberechtigt gelten vor allem Flüchtlinge aus sogenannten sicheren Herkunftsländern. Die Bundesregierung unterläuft damit das Grundrecht auf Asyl, das eine individuelle Prüfung von jedem Fall vor einer Entscheidung vorsieht. Die Sozialleistungen für Flüchtlinge „ohne Bleiberechtsperspektive“ sollen auf ein Minimum beschränkt werden. Diese Flüchtlinge sollen in Lagern leben, ohne arbeiten oder zur Schule gehen zu dürfen. „Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2012 in einem Urteil festgehalten, dass die Menschenwürde nicht aus asylpolitischen Gründen relativierbar ist“, so Dr. Zübeyde Duyar, Juristin beim AK Asyl e.V.: „Das vorgelegte Gesetz verstößt damit gegen das Grundgesetz.“
Außerdem behauptet die Regierung, Montenegro, Albanien und Kosovo seien sichere Herkunftsländer. Menschen aus diesen Ländern hätten so deutlich weniger Aussicht auf Schutz in Deutschland. Faktisch bedeutet dies, dass etliche Roma, die vielerorts diskriminiert werden – keinen Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesundheitswesen haben – in Armut und Elend abgeschoben werden.
Das geplante Gesetz sieht außerdem vor, dass die Bewohner_innen von Erstaufnahmeeinrichtungen künftig kein Taschengeld mehr erhalten, sondern Lebensmittelpakete zugeteilt bekommen. So soll das Asylverfahren in Deutschland weniger attraktiv für Migrant_innen werden. Paulina Müller meint dazu: „Die Idee, dass Menschen in ihren Heimatländern bleiben, weil sie in Deutschland nur Lebensmittelpakete erhalten, ist völlig aus der Luft gegriffen. Sie fliehen vor Krieg, Folter, Armut und Hunger. Die Maßnahmen sind bloße Schikane für Schutzsuchende.“ Zudem wird eine Integration der Flüchtlinge dadurch systematisch verhindert.
Bereits im Sommer hatte das Parlament das „Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ beschlossen. Dadurch ist es jetzt möglich, quasi alle Asylbewerber_innen vorsorglich in Abschiebehaft einzusperren. „Die Bundesregierung schränkt das Grundrecht auf Asyl durch die Hintertür deutlich ein“, betont Zübeyde Duyar.
„Es kann nicht sein, dass auf der einen Seite unser Engagement für Geflüchtete von der Bundesregierung gelobt wird und auf der anderen Seite die Lebensumstände der Geflüchteten so massiv beschnitten werden!“, beschwert sich Paulina Müller. Gemeinsam mit vielen engagierten Freiwilligen lehnt der AK Asyl e.V. die geplanten Gesetzesänderungen ab.
- Dateien:
- PM_2015-10-15_Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz_01.pdf55 Ki