Neue Westfälische: Gericht spricht Polizei von Rassismus frei
Bielefelderin wegen Widerstandes verurteilt
Bielefeld (jr). Der Prozess um eine Mitarbeiterin des AK Asyl, die sich am 9. Juni auf dem Parkplatz des Real-Supermarktes gegen die polizeiliche Durchsuchung ihrer Handtasche gewehrt und den Beamten vorgeworfen hatte, die Überprüfung nur wegen der schwarzen Haut ihrer Begleiter durchzuführen (die NW berichtete), ist gestern mit der Verurteilung der 28-Jährigen wegen Widerstandes zu einer Geldstrafe von 300 Euro zu Ende gegangen.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die in aufgewühlter Stimmung getätigte Äußerung, "die Kontrolle der Beamten trage rassistische Züge", nicht den Tatbestand der Beleidigung erfülle - obwohl sie grenzwertig gewesen sei. Auch habe die 28-Jährige die Polizeibeamten nicht tätlich angegriffen, konstatierte Amtsrichterin Vanessa Becker. Die Angeklagte habe sich aber mit der zu durchsuchenden Tasche in den Armen gedreht, gewendet und sich immer wieder dem Zugriff der Beamtin entzogen, die bei der Suche nach Drogen in diese Tasche sehen wollte.
Nachdem Oberstaatsanwalt Torsten Polakowski hinsichtlich des Widerstandsvorwurfs auf Freispruch plädiert hatte, führte die Verurteilung unter den rund 50 Zuschauern im Gerichtssaal zu großer Überraschung, die sich in zahlreichen Zwischenrufen manifestierte.
Anschließend betonte die Amtsrichterin: "Sicherlich gibt es - wie in der gesamten Gesellschaft - auch bei der Polizei oder der Justiz Menschen, die rassistisch denken. Was hier passiert ist, hat aus meiner Sicht aber nichts mit Rassismus zu tun." Wie berichtet, hatten Polizisten auf dem Kesselbrink ein vermeintliches Drogengeschäft beobachtet und die beiden Verdächtigen verfolgt. Wie sich später herausstellte, hatte niemand Drogen dabei. Die Durchsuchung aller vier Autoinsassen sei dennoch gerechtfertigt gewesen, so Becker.
Verteidiger Sebastian Nickel sprach hingegen von einem "strukturellen Rassismus" bei der Polizei, weil Menschen mit schwarzer Haut ohne erkennbare Verdachtsgründe überprüft würden. Zumal die Beamten die Überprüfung in der Anzeige anders begründet hätten als vor Gericht. Er glaube, dass man nachträglich abgewichen sei, um dem Rassismusvorwurf aus dem Weg zu gehen.
- Links:
- www.nw.de