12.11.2013

Leser_innenbrief: Wie willkommen sind Flüchtlinge in Deutschland?

Ein Leser_innenbrief der AK-Asyl-Mitarbeiterin Kathrin Dallwitz zum Kommentar "Flüchtlingsunterbringung in Bielefeld" von Susanne Lahr, der in der Bielefelder Zeitung "Neue Westfälische" am 9./10. November 2013 erschien.

Ist Deutschland wirklich so aufnahmebereit wie die genannten Zahlen es suggerieren?

Zunächst vielen Dank für den grundsätzlich Flüchtlinge unterstützenden Artikel und die klaren Worte für die Notwendigkeit einer Aufnahme und menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen.

Trotzdem möchte ich hier eine Anmerkung zu den von Ihnen genannten Zahlen machen, die meiner Ansicht nach in dieser Debatte einen falschen Eindruck vermitteln.

Bei der im Artikel erwähnten notwendigen Unterbringung von Flüchtlingen in Brackwede geht es um die Menschen die aktuell in Deutschland Asyl beantragen. Das waren im letzten Jahr laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge deutschlandweit 64.539 Menschen und in den letzten 10 Jahren 356.623, von denen viele später abgeschoben oder in andere europäische Länder überstellt wurden. Zum Vergleich: im Libanon befinden sich aktuell 700.000 zum größten Teil neu eingereiste Flüchtlinge aus Syrien.

Bezieht man die Zahl der Asylanträge auf die Einwohnerzahl lag Deutschland europaweit 2012 an 14. Stelle, vorne lagen hier Malta, Schweden und Lichtenstein, weltweit nehmen im Verhältnis zur Einwohnerzahl Jordanien, Tschad und Libanon die meisten Asylbewerber auf, Deutschland ist dabei noch nicht mal in der Liste der ersten 10 Aufnahmeländer zu finden. (UNHCR Asylum Trends und Global Trends 2012). Ein Vergleich mit den von Ihnen erwähnten Zahlen, wonach Deutschland das drittgrößte Aufnahmeland ist, bezieht sich auf Gesamtzahlen von 10 bis 20 Jahre, mit global gesehen sehr problematischen Vergleichsfaktoren und lässt sich nur schwer auf die aktuelle Situation übertragen.

Wenn wir also die weltweiten und europaweiten Zahlen genauer und aktueller betrachten und sie außerdem mit dem Wissen verbinden, dass die Antwort der Bundesregierung auf die Toten vor Lampedusa eine Mischung aus Krokodilstränen und weiterer FRONTEX-Abschottungsmaßnahmen ist, dann stellt sich die bundesdeutsche Aufnahmebereitschaft für Flüchtlinge ganz anders dar.