Westfalen-Blatt: Ei-Attacke gegen Pro-NRW-Redner
Rechtsextreme Partei macht Stimmung gegen Asylbewerber – 700 Gegendemonstranten – Parteivize verletzt
Bielefeld (WB). Die rechtsextreme Partei Pro NRW hatte noch nicht einmal die Plakate ausgerollt, auf denen sie Asylmissbrauch anprangert, da fiel ihr Hauptredner Jörg Uckermann aus. Ein rohes Ei, geworfen von einem Gegendemonstranten, setzte den stellvertretenden Parteivorsitzenden außer Gefecht.
Von Peter Bollig und Thomas F. Starke (Fotos)
Mit neun Aktivisten war Pro NRW gestern um 11.05 Uhr vor der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber an der Gütersloher Straße aufmarschiert, um gegen angeblichen Asylmissbrauch und den Bau weiterer Asylantenheime in NRW Stimmung zu machen. Erst zehn Monaten zuvor hatte sich die rechtsextreme Gruppierung bei vielen Bielefelder Bürgern unbeliebt gemacht und vor der Vatan-Moschee in Brackwede gegen den Islam gewettert.
Und wie im Mai 2012 wurden die Pro-NRW-Aktiven, die an der Gütersloher/Ecke Südring Aufstellung nahmen, wieder vom Bündnis gegen Rechts in Empfang genommen. 80 Meter entfernt versammelten sich etwa 700 Gegendemonstranten, darunter Vertreter von Parteien, Kirchen und Gewerkschaften sowie antifaschistische Gruppen und etliche Schüler, bereits um 10 Uhr. Oberbürgermeister Pit Clausen, dem zuletzt immer wieder mangelnde Präsenz in den Stadtbezirken vorgeworfen wurde, war diesmal als Redner dabei.
»In Bielefeld sind alle Menschen willkommen«, sagte Clausen, dem es beim Protest gegen Pro NRW um das Einstehen für Toleranz gehe. »Menschen aus 160 Nationen leben in Bielefeld, jeder dritte hat einen Zuwanderungshintergrund«, erklärte der Oberbürgermeister, der sich seinerzeit harsche Kritik von einem weiteren Redner anören musste: Frank Gockel vom Arbeitskreis Asyl warf ihm vor, bislang nur einmal die Erstaufnahmeeinrichtung besucht, diesen Besuch zudem angekündigt zu haben. Das habe dem Betreiber Gelegenheit gegeben, zu putzen, aufzuräumen und ein Spielzimmer für Kinder zu präsentieren, das es vorher nicht gegeben habe. Gockel zufolge hätten das Land und die Stadt Bielefeld nicht auf steigende Asylbewerberzahlen reagiert. Die Betroffenen müssten unter schlechten Bedingungen leben.
Als eine Stunde nach dem Bündnis gegen Rechts die Pro-NRW-Aktivisten die Straße vor der Erstaufnahmeeinrichtung betraten, kam es zum Übergriff auf Jörg Uckermann. Als er provozierend auf die Absperrung vor den Gegendemonstranten zuging und von der Polizei bereits aufgefordert war, zurückzugehen, traf ihn ein Ei unter dem linken Auge. Uckermann erlitt eine Platzwunde und wurde vom Rettungswagen ins Klinikum Rosenöhe gebracht.
Die Parolen von Pro NRW, in denen die Partei unter anderem behauptete, dass Asylbewerber – insbesondere Wirtschaftsflüchtlinge – immer krimineller würden und mehr Unterstützung bekämen als Hartz-IV-Empfänger, gingen im Lärm der Gegendemonstranten unter, die mit Lautsprecherwagen und Trillerpfeifen aufgelaufen waren.
Aus Sicht der Polizei, die mit einem massiven Aufgebot unter anderem der Bielefelder Einsatzhundertschaft aufgelaufen war und die beiden Protestgruppen auf Abstand hielt, verliefen die Demonstrationen, von der Ei-Attacke abgesehen, unauffällig. »Das Konzept der strikten Trennung der Gruppen hat sich bewährt«, zog Polizeisprecher Richard Topp Bilanz. Der Ei-Werfer habe allerdings noch nicht identifiziert werden können, es werde aber eine Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung erstattet. Der geplante Anschlag von Salafisten auf den Pro-NRW-Vorsitzenden Markus Beisicht habe keine Auswirkung auf die Stärke des Polizeiaufgebots gehabt.
Grünen-Ratsmitglied Klaus Rees vom Bündnis gegen Rechts bedauerte den Ei-Wurf und dass jemand verletzt wurde, betonte indes, dass der Protest darüber hinaus friedlich verlaufen sei.
[FOTO 1] Um sich gegen die rechtsextreme Partei Pro NRW zu positionieren, ist das Bündnis gegen Rechts mit 700 Demonstranten auf der Gütersloher Straße angetreten. Dazu geören Vertreter von Parteien, Gewerkschaften, Kirche sowie etliche Schüler.
[FOTO 2] Der Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit zeigen Janina Hirsch (DGB) und Oberbürgermeister Pit Clausen die Rote Karte.
[FOTO 3] Ei-Attacke auf Jörg Uckermann: Nach dem Treffer im Gesicht wird der Parteivize per Rettungswagen ins Klinikum Rosenöhe gebracht.
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