Westfalen-Blatt: »Diese Frau hätte eine Zukunft gehabt«
Arbeitskreis Asyl verurteilt Abschiebung einer Berufsschülerin aus Versmold
Von Marco Purkhart
Versmold (WB). Es klingt nach der perfekten Integration eines Flüchtlings: Freunde und sogar ihr Schuldirektor bescheinigen der 2002 aus Georgien nach Versmold gekommenen Tea K. hervorragende Deutschkenntnisse und die Aussicht auf eine berufliche Zukunft in der Bundesrepublik. Um so empörter sind sie nun, dass die junge Frau trotzdem in ihre Heimat abgeschoben wurde.
Auch der in Bielefeld ansässige »Arbeitskreis Asyl« verurteilt die im vergangenen April von der Ausländerbeörde des Kreises Gütersloh durchgesetzte Ausweisung. In einer Stellungnahme fordert der Verein die sofortige Aufhebung des Einreiseverbotes und die Erteilung eines Visums.
»Tea ist als 15-Jährige ganz alleine aus Georgien geflüchtet und nach Versmold gekommen. Als Ossetin wurde sie in ihrer Heimat verfolgt«, sagt Kathrin Dallwitz vom Arbeitskreis Asyl. »Tea hatte damals keinen Pass. Leider kannte sie auch ihre Familie nicht, weil sie in einem Waisenhaus aufgewachsen ist.«
Nachdem sie zunächst im CJD-Internat untergekommen war, lebte Tea K. bis zuletzt im Asylbewerberheim an der Bundesstraße und besuchte das Berufskolleg in Halle. Dessen Direktor Hans-Jürgen Kuhlmann erinnert sich noch gut an die Schülerin. »Sie hat sich sehr schnell eingelebt, viele Freunde gefunden, nahezu akzentfrei Deutsch gesprochen und sich in ihrer schulischen Ausbildung zur Sozialhelferin gute Noten erarbeitet«, sagt Kuhlmann. Es breche ihm das Herz, dass »eine so vorbildlich integrierte Frau« in Deutschland nicht die Chance auf einen Neuanfang erhalte. »Stattdessen ist sie in Georgien auf verlorenem Posten, weil sie noch immer keinen gültigen Pass hat«, bedauert Kuhlmann.
Die georgische Botschaft habe ihr lediglich Passersatzpapiere angefertigt, die ausschließlich zur Ausreise aus Deutschland berechtigten und zu allem Überfluss auf eine völlig andere Person ausgestellt worden seien. Um ihre wahre Identität herauszufinden, habe sich Tea K. in ihre ossetische Heimatregion begeben wollen, um nach ihrer Familie zu forschen. »Doch wegen des Kaukasus-Konfliktes ist das zu einem unmöglichen Unterfangen geworden«, spricht Hans-Jürgen Kuhlmann von einem »Albtraum für eine Frau, die bei uns in Deutschland eine echte Zukunft gehabt hätte«.
Jan Focken, Pressesprecher des Kreises Gütersloh, zeigte Verständnis und Mitgefühl: »Aus menschlicher Sicht bedauern wir die Lage der Frau sehr. Aber uns als Kreis bleibt keine andere Wahl, als den Beschluss durchzusetzen, der an öherer Stelle gefällt wurde.« So habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zwei Asylanträge abgelehnt, weil Tea K. die in ihrer Heimat drohende Verfolgung nicht glaubhaft habe nachweisen können.
»Zudem kam bei einer Identitätsklärung heraus, dass die Frau bei ihrer Ankunft in Deutschland falsche Angaben gemacht hatte: Sie war damals nicht 15, sondern bereits 20 Jahre alt und somit nicht mehr minderjährig«, sagt Focken. Ebenso sei Tea K. vor fünf Jahren vor dem Verwaltungsgericht Minden mit einer Klage gegen die Ablehnung des Asylantrags gescheitert. Focken: »Wir als Kreis haben nur die Gesetze unseres Landes befolgt.«
[FOTO] Tea K. aus Georgien lebte sechs Jahre in Versmold.
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