22.08.2007

Westfalen-Blatt: »Bleiberecht geprägt von Misstrauen«

Zeitungsausschnitt

Seite 14 - Lokales Bad Oeynhausen

Kirchen kritisieren neues Zuwanderungsgesetz

Bad Oeynhausen (sto). Die unterschiedlichen Positionen zur neuen Bleiberechtsregelung zeigte ein Gesprächsabend im Bonhoeffer-Haus.

Vertreter der Bundestagsparteien und Mitarbeiter aus der Flüchtlingsberatung wurden gebeten, ihre Erfahrungen mit dem neuen Zuwanderungsgesetz darzustellen. Darüber hinaus sollten sie die schärfere Regelungen kritisch beleuchten.

Nach einem Grußwort durch Superintendent Andreas Huneke und Dechant Wolfgang Brinkmann wurde auf das Wort von Präses Buß verwiesen, wonach die Änderung des Zuwunderungsgesetzes von einem »Geist der Abwehr« und des »Misstrauens« geprägt sei.

Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Spanier (SPD) bezeichnete das neue Bleiberecht als Fortschritt, weil es zu einer gesetzlichen Grundlage gekommen sei. Gleichwohl habe er sich bei der Abstimmung im Bundestag der Stimme enthalten, weil zu viele Härten geblieben seien. Sein Kollege Steffen Kampeter (CDU) begrüßte das neue Bleiberecht und wertete es als einen vertretbaren Kompromiss. Er hätte sich aber noch härtere Konsequenzen gewünscht.

Inge Höger als Vertreterin der Linken sprach sich dafür aus, dass man den Menschen, die schon lange in Deutschland lebten, einen anderen Status zubilligen solle. Besonders traumatisierte Kinder aus Ländern, in denen Krieg und Chaos herrsche, müssten anders behandelt werden. Es sei auch nicht zu verstehen, wieso der Staat junge Menschen über Jahre hindurch gut ausbilde und dann abschiebe.

Angelika Holstiege (Grüne) meinte, dass das Recht viel menschlicher hätte ausfallen können. »Es ist für Menschen schwierig, ihren Lebensunterhalt im vollen Umfang zu bestreiten. Nachdem sie jahrelang durch Kettenduldungen und Arbeitsverbote praktisch vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen waren, müssten sie jetzt innerhalb eines halben Jahres Arbeit finden, um hier bleiben zu können«, meinte Holstiege.

Auch die Vertreter der in der Flüchtlingsberatung tätigen Mitarbeiter im Arbeitskreis Asyl und im Diakonischen Werk, Kathrin Dallwitz und Cordula Prinz, stellten dar, wie schwierig es für viele Betroffene sei, ihren Lebensunterhalt selbst zu sichern. Insbesondere Ältere und Kranke könnten die Anforderungen der Bleiberechtsregelung kaum erfüllen. Viele Menschen würden in unterbezahlten Jobs ausgebeutet.

Superintendent Andreas Huneke und Dechant Wolfgang Brinkmann appellierten an Christen, sich für die Betroffenen entschieden mit Wort und Tat einzusetzen.
Pfarrer Christian Hohmann und Peter-Michael Voß baten die Teilnehmer, den Aufruf der katholischen und evangelischen Kirche, des Diakonischen Werkes und der Caritas und vieler weiterer Verbände für eine bessere Regelung des Bleiberechts in den Gemeinden und Beratungsstellen zu vertreten und bekannt zu machen.