18.03.2014

WDR: Junge Asylbewerber in Bielefeld

Kinder ohne Eltern auf der Flucht

In den vergangen zwei Jahren sind mehr als 220 minderjährige Flüchtlinge ohne ihre Eltern in Bielefeld angekommen. Zurzeit leben 90 von ihnen in Heimen. Der Platz dort ist rar, doch es gibt Menschen hier, die sich liebevoll kümmern.

"Ich habe keine Familie", berichtet der 16-jährige Salci, der aus Somalia geflohen ist und seit einem Jahr in Bielefeld in einem Heim der Arbeiterwohlfahrt ein Zuhause gefunden hat. Er erzählt, dass es in seiner Heimat viele Probleme gebe, dass dort für ihn Lebensgefahr herrsche und er nicht bleiben konnte. "Ich muss ein anderes Leben finden", sagt Salci. Er ist freiwillig geflohen, andere Kinder werden von ihren Eltern fortgeschickt, um sie vor Tod oder Gewalt zu schützen. Schleuser setzen die Jugendlichen dann an Bahnhöfen oder der Ausländerbehörde aus.

Krieg, Hunger oder religiöse Verfolgung

Seit einem Jahr lebt Salci in Bielefeld. Viele Monate war er unterwegs nach Deutschland. Er erzählt, dass er in Somalia auf der Straße geschlafen habe. Aus Angst, in der Armee zu landen, habe er sich entschlossen zu fliehen. Wie Salci gehe es vielen jungen Flüchtlingen, sagt Siavash Miandashti von der Arbeiterwohlfahrt in Bielefeld. Sie fliehen vor Krieg, Hunger oder religiöser Verfolgung. "Wir haben Jugendliche, die von Bangladesch oder von Afghanistan bis nach Deutschland zum Teil über ein, zwei Jahre unterwegs sind und überhaupt gar keine Kontakte zu den Eltern haben. Es gibt Kinder, die zwischendurch dann in den Ländern auch arbeiten mussten", berichtet Miandashti.

Viele junge Flüchtlinge kommen derzeit aus Syrien. Bielefeld ist neben Dortmund eine zentrale Aufnahmestadt für die jungen Flüchtlinge ohne Eltern. Zurzeit leben hier über 90 Kinder und Jugendliche in fünf Heimen, in denen der Platz nach Angaben der Stadt rar wird. Sie lernen Deutsch und besuchen umliegende Schulen. Die Mitarbeiter der Heime suchen in ganz Deutschland nach Verwandten der Jugendlichen. Doch die wenigsten haben Glück.

Volljährigkeit ist ein Problem

Ein Problem entsteht, wenn die jungen Flüchtlinge 18 Jahre alt werden. Dann fallen sie aus der Jugendhilfe heraus und müssen in eine normale Flüchtlingsunterkunft. Schule und Ausbildung können dann nicht mehr finanziert werden. Doch die Stadt Bielefeld werde sich bemühen, sie weiter wie bisher zu unterstützen, sagt Sozialdezernent Tim Kähler. Die Jugendlichen seien hier gut integriert, zum Beispiel in Sportvereinen. "Es wäre wünschenswert, wenn man eine Regelung fände, dass die hier in Bielefeld bleiben können. Das setzt aber voraus, dass da noch die Finanzierungsfrage geklärt wird", so Kähler. Genau diese Finanzierungsfrage ist noch nicht geklärt und es kommen immer neue Flüchtlinge ohne ihre Eltern in Bielefeld an.

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