26.03.2009

Vlothoer Anzeiger: Von Gottesdiensten bis zu Demonstrationen

Frank Gockel klärt Gymnasiasten über Abschiebehaft auf / Kontakt wurde durch eine der Schülerinnen hergestellt

Vlotho (va). Völlige Ruhe im Kursraum 001: Die Gymnasiasten können erst mal gar nichts sagen. Zu geschockt sind sie von der Wahrheit über die Abschiebehaft, von der ihnen Flüchtlingsberater Frank Gockel (37) berichtet.

Von Kristy Netzeband

"So ist das oft. Deswegen versuche ich auch immer mit den harmloseren Dingen anzufangen", weiß der Vorsitzende des Vereins "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren", der diese Position aber nur ehrenamtlich betreut. Hauptberuflich ist er Flüchtlingsberater bei dem AK Asyl in Bielefeld und der Flüchtlingshilfe Lippe. "Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht", erklärt Gockel.

Gestern berichtete er drei Politikkursen der 13. Jahrgangsstufe des Weser-Gymnasiums von seiner Arbeit und dem Alltag der Flüchtlinge in Europas größtem Abschiebegefängnis in Büren. Zwei Schulstunden Zeit nahm sich Frank Gockel hierfür. Den Kontakt hatte Schülerin Bianca Arnold (19) hergestellt. "Ich habe in Bad Oeynhausen einen Vortrag von Frank Gockel angehört, der mir sehr gut gefiel und dachte, dass das Thema auch gut in unseren Unterricht passen würde", erklärt sie.

Viele haben ein falsches Bild von der Abschiebehaft

Frank Gockel ist es wichtig für Aufklärung zu sorgen. "Viele haben ein ganz falsches Bild von der Abschiebehaft. Ich versuche das Thema den Menschen ins Bewusstsein zu rufen", so der 37-Jährige. "Bei dem Vortrag in Bad Oeynhausen habe ich mich furchtbar darüber aufgeregt, dass die Flüchtlinge so ungerecht behandelt werden", sagt Bianca Arnold.

Den 13ern berichtete Frank Gockel erst einmal von seiner Arbeit. "Von Gottesdiensten bis zu Demonstrationen decken wir alles ab. Wir gehen direkt zu den Flüchtlingen ins Gefängnis und reden mit ihnen". Der Großteil der Flüchtlinge wisse gar nicht, warum sie im Gefängnis seien. "Stellt euch das mal vor: Ihr werdet einfach so zu Hause abgeholt und ins Gefängnis gebracht und verstehen manchmal nicht mal die Sprache", klärt Gockel auf.

In den meisten Fällen gehen Frank Gockel und seine Kollegen die Papiere mit den Flüchtlingen durch und suchen einen Dolmetscher. Ein Thema, für das sich die Schüler besonders interessierten: "Wie funktioniert denn die Kommunikation zwischen ihnen und dem Flüchtling, wenn viele kein deutsch sprechen?", wollte einer der Schüler wissen. "Meist kann einer meiner Kollegen die Sprache oder wir suchen einen Dolmetscher. Manchmal ist das auch ein Mitgefangener oder ein Student von der Uni Paderborn."

Wir hatten sogar schon Fälle, in denen Gefangene wissen wollten, wie die Schwebebahn in Wuppertal funktioniert oder wir helfen sollten, einen Liebesbrief zu schreiben. Unsere Arbeit ist sehr vielseitig."

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