Neue Westfälische: Zwei Turnhallen für 200 Flüchtlinge
Krisenstab und 40 ehrenamtliche Helfer richten innerhalb kürzester Zeit zwei Notunterkünfte ein
Von Jens Reichenbach
Bielefeld. Dass sich die Zahl der Flüchtlinge in diesem Jahr verdoppeln würde, war allen Planern und Verantwortlichen in Bund und Ländern klar. Doch jetzt ist die Flüchtlingsbürokratie im Land (siehe Kasten) zusammengebrochen, weil sechs oder sogar acht Zentrale Unterbringungseinrichtungen (ZUE) des Landes wegen Windpocken geschlossen werden mussten.
"Das sind sozusagen die Unterkünfte der zweiten Stufe", erklärte Udo Witthaus, Leiter des Bielefelder Krisenstabs. Die Erstaufnahmeeinrichtung an der Gütersloher Straße mit 250 Betten (ab August soll der Anbau mit weiteren 200 Betten bezugsfertig sein) stelle die erste Stufe der Flüchtlingsbürokratie dar. Torsten Böhling, Leiter der städtischen Ausländerbehörde, erklärt: "Wir haben derzeit 605 Flüchtlinge in Bielefeld unterzubringen. Die sind alle in den vergangenen zwei Tagen zu uns gekommen." 200 allein in der Nacht zu Mittwoch. "So viele hatten wir nachts noch nie." Normalerweise werden diese Flüchtlinge nach zwei bis drei Tagen weitergeschickt. "Doch wegen der Windpocken geht das nicht mehr", so Böhling.
"Unser Ziel ist es, jedem Flüchtling ein Bett zur Verfügung zu stellen", betonte Sport- und Schuldezernent Witthaus. Das Haus an der Gütersloher Straße ist mit 300 Personen überbelegt, zudem konnten 200 Flüchtlinge in zwei Bielefelder Hotels und in der Jugendherberge unterkommen. Am Abend warteten aber immer noch 200 Flüchtlinge in der Zentralen Ausländerbehörde Am Stadtholz auf ihre Betten. "Die erste Nacht haben die in unserem Warteraum geschlafen", so Böhling.
Um 13.30 Uhr kam gestern die Ankündigung der Bezirksregierung Arnsberg, dass Bielefeld 400 weitere Betten benötige. Der Krisenstab tagte und entschloss sich innerhalb kürzester Zeit, zwei zur Verfügung stehende Schulhallen (Carl-Severing-Schulen, Heeper Straße, und Maria-Stemme-Berufskolleg, Flachsstraße) als Notunterkünfte einzurichten. Eine Woche sollen die Flüchtlinge in den Unterkünften bleiben. "Danach werden die Einrichtungen, die von Windpocken betroffen waren, wieder geöffnet sein", berichtete Böhling.
Aus Nottuln bei Münster brachte der THW 300 Feldbetten, 150 hat die Berufsfeuerwehr zur Verfügung gestellt. Zusätzlich wurden Toilettenwagen, zwei Sicherheitsdienste und Dolmetscher für Arabisch, Russisch und Albanisch organisiert. Rund 100 ehrenamtliche Helfer der Schnelleinsatzgruppe (ASB, DRK und JUH) und THW standen laut ASB-Sprecher Jan Held seit 16.30 Uhr im Einsatz. Sie organisierten neben dem Aufbau der Notunterkünfte noch Verpflegung, Getränke und standen für erste Hilfe zur Verfügung. Keine sechs Stunden später - um 22 Uhr - stand alles in der Halle bereit.
Müde, aber auch erleichtert nahmen die Menschen - darunter viele Familien mit Kindern - ein kleines Abendbrot entgegen.
"Wir haben sehr schnell gearbeitet", sagte Feuerwehrchef Rainer Kleibrink. Die zahlreichen Beteiligten haben in der Tat innerhalb kürzester Zeit eine sehr große humanitäre Logistikaufgabe gelöst. Kompliment.
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