Neue Westfälische: Spielzeit für Flüchtlingskinder
Ehrenamtliche der Johannes-Kirchengemeinde Quelle-Brock helfen
Von Monika Kophal
Brackwede. Selbst gemalte Bilder schmücken die Wände. Kinder spielen mit Puzzle und Puppen auf dem flauschigen Teppich, und aus dem CD-Player ertönt Weihnachtsmusik. Es wirkt wie ein ganz normaler Morgen in einer Kita. Und doch ist alles anders: All diese Kinder mussten aus ihren Heimatländern fliehen. Seit ein bis zwei Tagen sind sie in der Erstaufnahmeeinrichtung am Südring untergebracht. Im Spielzimmer finden sie ein Stück Normalität.
Gisela Lipka hängt eine Weltkarte an die Wand: "Vielleicht können die Kinder uns zeigen, aus welchem Land sie kommen." Der Arbeitskreis Diakonie der Johannes-Kirchengemeinde Quelle-Brock ermöglicht das, was für Kinder so wichtig ist: unbefangen Spielen. Lipka ist eine von 13 Freiwilligen, die insgesamt dreimal die Woche von jeweils 9 bis 11 Uhr das Spielzimmer am Südring öffnen.
Die fünfjährige Doto und ihre dreijährige Schwester Tschichi schauen schüchtern durch die Tür, halten die Hände der Mutter fest. Dann sagt Doto etwas auf Mongolisch, zeigt auf eine Frau. Es ist Jin Bae, Studentin aus Südkorea. Seit 2012 studiert sie in Bielefeld. Ihr Deutsch, sagt die ehrenamtliche Spielerin, sei noch sehr gebrochen. "Aber das ist egal. Die Kinder und ich kommunizieren mit Händen und Füßen."
Doto und Jin Bae haben sich bereits in der letzten Woche kennengelernt. Denn aufgrund eines kranken Familienmitglieds ist die Flüchtlingsfamilie länger in der Erstaufnahmeeinrichtung. Jin möchte den Kindern einfach eine gute Zeit geben, "denn genau so sollte die Kindheit sein, eine Zeit voller Spaß". Doto und Jin winken sich zur Begrüßung zu, lachen sich an. Jin zeigt auf ein Spiel: Nagelmosaik. Ganz euphorisch nickt die Kleine. Die beiden suchen sich ein Fleckchen in dem etwa 20 Quadratmeter großen Zimmer und fangen an zu hämmern. Dotos Mutter hingegen hilft ihrer jüngeren Tochter dabei, Pferdchen, Baum und Trecker in die passenden Lücken des Puzzles zu stecken.
Der Raum füllt sich. Das Geschwisterpaar Luca (2) und Salomon (4) setzen sich auf die kleinen roten Stühlchen. Auch ihre Mutter bleibt in der Nähe. Die Familie ist aus Georgien geflohen, erzählt Spielerin Anna Corona. Die Freiwillige nimmt ein Stück Plastikpizza, legt es auf einen Teller und reicht ihn Luca: "Hm lecker", sagt Corona. Der Junge scheint das Spiel zu verstehen und beginnt ebenfalls Pizzastücke zu verteilen.
Die meisten Mütter bleiben während der Betreuungszeit bei ihren Kinder - immerhin bleibt wenig, was sie sonst während der Tage in Brackwede tun können. Die Familien kommen aus Afghanistan, Syrien, Ländern der ehemaligen UdSSR oder dem Irak. Sie alle teilen ein Schicksal - reden tun sie hier im Spielzimmer nicht miteinander. "Nur ein paar der Eltern sprechen Englisch. Ansonsten sind sie sich fremd", sagt Corona.
Doto stupst eins der Kinder vorsichtig an, es scheint, als kenne sie das Kind bereits - die meisten aber kennen sich nicht. "Viele Kinder sehe auch ich nur einmal", sagt Lipka.
Allein, erklärt Jürgen Beier, Geschäftsführer der Hotelbetriebsgesellschaft (HBG) Südring, "dürfen die Kinder nicht in dem Spielzimmer sein". Denn der Raum befindet sich im ersten Obergeschoss. und das Fenster könnte "somit eine Gefahr für die Kleinen darstellen". Sobald sich ein Elternteil bereit erklärt, kann das Zimmer natürlich genutzt werden. Ab dem Sommer 2015 soll sich die Spielsituation für die Kinder erheblich verbessern: Im Erweiterungsbau wird es laut Beier ein etwa 60 Quadratmeter großes Zimmer im Erdgeschoss, mit direktem Zugang zu einem geschützten Innenhof geben.
Der Arbeitskreis Diakonie der Evangelischen Johannes-Kirchengemeinde Quelle-Brock engagiert sich seit zwei Jahren für Flüchtlingskinder. Das Lächeln der Kinder, während sie Pizza verteilen, beweist, wie wichtig die Aufgabe ist.
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