Neue Westfälische: Rassismusvorwurf gegen Drogenfahnder
Ein echtes Dilemma
Kommentar von Jens Reichenbach
Die Polizei ist dazu da, Straftaten zu ahnden, zu verhindern und die Bürger zu schützen. Dazu gehört auch, unangenehme Fragen zu stellen, Personen zu kontrollieren und dabei auch Verdachtsmomenten nachgehen zu dürfen. Dazu hat die Polizei die Befugnis. Peinlich wird das, wenn sich der Verdacht bei näherem Nachsehen als falsch herausstellt - für die Betroffenen, aber auch für die Beamten. Zumal dann schnell der Vorwurf aufkommt, die Beamten hätten den Kontrollierten willkürlich herausgefischt - oder sogar nur aufgrund seiner Hautfarbe.
Tatsache ist: Die Polizei lebt von der Erfahrung ihrer Beamten. Drogenfahnder etwa lernen nach jahrelanger Fleißarbeit die Szene kennen. Sie haben einen Blick für die versteckten Zeichen, ein Ohr für die Codewörter und einen Speicher für die Gesichter der Dealer entwickelt. Von diesem Erfahrungsschatz profitieren sie.
Doch was ist, wenn sich in der Stadt plötzlich eine neue Szene entwickelt? So ist es nach der Fertigstellung des Kesselbrinks geschehen. Der neue schöne Platz hatte eine neue Drogenszene auf den Plan gerufen. Die Protagonisten waren weitgehend unbekannt.
Den Beamten blieb also nichts anderes übrig, als ihre Kontrollen und damit den Fahndungsdruck zu erhöhen. Eine Mischung aus Aufklärung und Abschreckung der Täter. Genau das ist im Sommer 2014 geschehen. Drei Zivilstreifen waren regelmäßig auf dem Kesselbrink unterwegs, um dort die Menschen zu beobachten.
Weil sich die Zivilfahnder aber nicht - wie zufällig - neben die Verdächtigten stellen konnten, um sie bei Straftaten zu beobachten, agieren sie aus der Ferne. Von dort ist es schwierig zu erkennen, ob sich die Betroffenen nur die Hand geben oder Scheine und Pulver austauschen. Ein echtes Dilemma für die Drogenfahnder.
Denn liegen sie mit ihrem Verdacht daneben, ist Kritik nicht fern. Besonders, wenn der Eindruck entstanden ist, dass die Kontrollierten nur aufgrund ihrer Hautfarbe in den Fokus der Polizeibeamten geraten sind. Das darf nicht sein, ist aber auch keine Seltenheit.
Der Vorwurf im konkreten Fall ist trotzdem schwer nachzuvollziehen. Die drei Schwarzafrikaner in dem verdächtigen Auto ließen sich problemlos abtasten - nicht gerne, aber angemessen. Wild protestiert hatte eine Frau türkischer Herkunft. Wie sich erst am Ende des Prozesses herausstellte, weil sie panische Angst hatte, dass die Beamten sensible Akten einsehen könnten, in denen vertrauliche Flüchtlingserlebnisse geschildert sind. Die Panik also war der Auslöser für die Eskalation, nicht etwa rassistisches Verhalten. Dass der Prozess trotzdem für politische Diskussionen genutzt wurde, ist befremdlich.
- Links:
- www.nw.de