Neue Westfälische: „Menschen sind nicht illegal“
Ausstellung im Historischen Saal der Spinnerei
Mitte (tibo). Die Kölner Wanderausstellung „Kein Mensch ist illegal“, die bis Samstag, 6.September, im Historischen Saal der Volkshochschule zu sehen ist, macht auf die miserablen Lebensumstände von „illegalisierten“ Menschen aufmerksam. Anlässlich des zehnjährigen Bestehens des bundesweiten Netzwerkes „Karawane“, das sich für die Rechte der Flüchtlinge und Migrantinnen einsetzt, hatte die Bielefelder Aktionsgruppe zu eine Vernissage mit Podiumsdiskussion eingeladen.
Etwa eine Million Flüchtlinge sollen sich in Deutschland aufhalten, glauben die Veranstalter der Diskussion. Weltweit seien es schätzungsweise 20 Millionen Menschen, die vor Naturkatastrophen, Kriegen oder politischer Unterdrückung und Verfolgung auf der Flucht sind. Die Plakatausstellung verrät die bedrückende Situation von Menschen ohne Bleiberecht. Beispielsweise das Schattenbild einer jungen Frau, mit dem Satz „Ich putze jeden Tag fremde Wohnungen, habe aber kein Recht auf eine eigene.“
Die Anträge auf Bleiberecht seien bundesweit in den vergangenen zehn Jahren von 104.000 auf 19.000 zurückgegangen. Kathrin Dallwitz vom Arbeitskreis Asyl (AK) vermutet, dass es nicht weniger Flüchtlinge gibt, sondern „dass viele einfach keine Erstanträge stellen, da die Grenzen dichter geworden sind ist die Aussicht auf Bleiberecht gering.“
Es gebe auch einen Arbeitsmarkt für Illegale, beispielsweise arbeiten sie „bei Gutverdienenden als Haushaltshilfe oder Kinderfrau für ein beschämend geringes Gehalt zwölf Stunden.“ Auf offizielle medizinische Versorgung müssen sie ebenfalls verzichten, weil Mediziner und Krankenhäuser verpflichtet sind, sie bei der Ausländerbeörde zu melden. Da Ärzte nur ihrem Eid verpflichtet sind, gebe es unter ihnen aber ein Netzwerk, um erkrankten Flüchtlingen anonym zu helfen.
Ein weiteres Hilfsangebot ist das bundesweite Kirchenasylrecht, das es in Bielefeld seit fünfzehn Jahren gebe. Die Flüchtlinge leben einige Zeit im Schutz der Kirchengemeinde und ziehen jahrelang innerhalb dieses Netzwerkes von Stadt zu Stadt. Auf diese Weise habe allein in Bielefeld in bis zu 50 Fällen geholfen werden können, in die Legalität zu wechseln.
Pfarrer Joachim Poggenklaß, vom ökumenischen Netzwerk zum Schutz von Flüchtlingen sagte: „Die Rechtsprechung hat sich seit den 70er-Jahren massiv geändert. Früher war es ausreichend, dass sich jemand verfolgt fühlte, um Asyl zu bekommen. Heute muss er nachweisen, dass er persönlich verfolgt wird.“
Der ehemalige Flüchtling Sedat ist einer von ihnen. Seit einem Jahr hat er eine Aufenthaltserlaubnis. Bis dahin musste er zweieinhalb Jahren tagtäglich mit der Angst leben, entdeckt zu werden. „Das ist etwas“, sagt seine Übersetzerin Özlem Tumani, „das ich keinem Menschen wünschen möchte. Waffen und Zigarettenschmuggel sind illegal. Aber Menschen? Menschen sind nicht illegal.“
[FOTO] Engagiert: Kyriaki Argyriadou, Vorsitzende des Migrationsrats der Stadt Bielefeld, Kathrin Dallwitz, Özlem Tumani, Joachim Poggenklaß und Sedat Celik (v.l.). FOTO: ANNALISA TIBAUDO
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