Neue Westfälische: Jeder Flüchtling wird geröntgt
Im Erstaufnahmelager stößt die zentrale Ausländerbehörde auf logistische Grenzen
Von Carolin Nieder-Entgelmeier
Bielefeld. Bis Ende Dezember, so schätzt die Landesregierung, werden seit Januar 40.000 Flüchtlinge nach NRW eingereist sein. Ihre ersten Tage verbringen sie in Erstaufnahmeeinrichtungen in Bielefeld oder Dortmund. Dort werden sie nicht nur registriert, sondern auch geröntgt, um die Infektionskrankheit Tuberkulose auszuschließen. In Bielefeld stößt die Ausländerbehörde an Grenzen: Täglich können nur 80 Flüchtlinge geröntgt werden.
Das Infektionsschutzgesetz verpflichtet alle Landesregierungen dazu, Menschen, die aufgenommen und in Sammelunterkünften untergebracht werden, auf Tuberkulose zu untersuchen, denn die Lungenkrankheit TB ist sehr ansteckend und lebensbedrohlich. "Alle Flüchtlinge, die mindestens 15 Jahre alt und nicht schwanger sind, werden geröntgt", sagt der Leiter der zentralen Ausländerbehörde (ZAB) Bielefeld, Torsten Böhling. Von Kindern und anderen Personen, die nicht geröntgt werden können, wird das Blut untersucht. "Auf den Befund muss bei einem Bluttest länger gewartet werden als bei einer Röntgenaufnahme", erläutert Böhling. Generell gelte aber, dass die Untersuchungsergebnisse bekannt sein müssen, bevor die Flüchtlinge von den Erstaufnahmeeinrichtungen in andere Unterkünfte gebracht werden.
Die Kosten für die Untersuchungen trägt das Land. Eine Röntgenaufnahme der Lunge koste in NRW durchschnittlich 16,35 Euro, sagt ein Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg und ergänzt: "In der ZAB Dortmund-Hacheney wird ein mobiles Röntgengerät eingesetzt, um Flüchtlinge zu untersuchen. Zudem ist dort die Anschaffung eines stationären Röntgengeräts geplant."
In Bielefeld ist bereits seit Anfang 2013 ein stationäres Röntgengerät im Einsatz, für das NRW 121.000 Euro bezahlt hat. "Eine stationäre Anlage vereinfacht die Untersuchungen und senkt die Kosten, weil die Flüchtlinge nicht zu Arztpraxen oder Krankenhäusern gefahren werden müssen", sagt Behördenleiter Böhling.
Bedient wird das Gerät von einer medizinisch-technischen Assistentin der Gemeinschaftspraxis für Radiologie und Nuklearmedizin Diranuk aus Bielefeld. "Es ist immer ein Mitarbeiter vor Ort, der täglich zwischen 80 und 85 Flüchtlinge röntgt", berichtet Geschäftsführer Harald Krüger. "Die Aufnahmen werden anschließend digital an unsere Ärzte übermittelt, damit der Befund noch am gleichen Tag bekannt ist. " Es habe in diesem Jahr "wenige" positive Tuberkulosebefunde in Bielefeld gegeben. "Dann wird der Patient sofort isoliert und im Krankenhaus behandelt."
80 Aufnahmen am Tag - das reicht in Bielefeld oft nicht. Denn häufig kommen deutlich mehr Flüchtlinge an. "Wir müssen auch außerhalb der ZAB röntgen lassen, um den Anforderungen des Infektionsschutzgesetzes gerecht zu werden", sagt Böhling. Zum Beispiel in der Diranuk-Praxis in Bielefeld-Brackwede. "Wir nutzen dafür vor allem die Mittagszeit, weil dann am wenigsten los ist und der normale Betrieb nicht gestört wird", sagt Krüger. Einfach sei es trotzdem nicht - vor allem wegen der Sprachbarrieren. "Wir bieten Informationen in 15 Sprachen an, Dolmetscher helfen, aber es klappt trotzdem nicht immer."
Stellen Mediziner beim Röntgen andere Krankheiten als Tuberkulose fest, wird das in der Akte vermerkt. "Um die weitere medizinische Versorgung kümmern sich dann die Ärzte in Unterkünften, in denen die Flüchtlinge länger leben als in den Erstaufnahmeeinrichtungen", erklärt Krüger.
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