24.08.2010

Neue Westfälische: Freiheit für Abdou Biesho?

Zeitungsausschnitt

Herford - Seite 17 - Lokales

Rund 70 Demonstranten fordern Aussetzung der Abschiebehaft des syrischen Kurden Abdou Biesho / In Syrien drohen Verschleppung und Folter

VON RALF BITTNER

Herford. Etwas mehr als 50 Demonstranten stehen im Regen vor dem Rathaus und fordern lautstark die Entlassung des syrischen Kurden Abdou Biesho aus der Abschiebehaft sowie die Aussetzung der Abschiebung.

Biesho war am Montag, 16. August, von der Polizei festgenommen und von der Ausländerbehörde in Abschiebehaft genommen worden. Seither sitzt er in der Abschiebehaftanstalt Büren.

Vor 13 Jahren war Biesho als Flüchtling aus Syrien nach Deutschland eingereist, seither lebte er in Herford. Sein Antrag auf politisches Asyl wurde abgelehnt. Abgeschoben wurde er trotzdem nicht, weil die nötigen Papiere fehlten. Im Kürze wollte er seine Verlobte heiraten. Inzwischen liegen der Ausländerbehörde Passersatzpapiere vor, die die Abschiebung ermöglichen, von deren Existenz Biesho aber nichts wusste.

Der Arbeitskreis Asyl, der die Demonstranten unterstützt, vermutet, dass die bereits vorhandenen Papiere bei einer Akteneinsicht vier Wochen vor der Festnahme bewusst entfernt worden seien, um Biesho zu täuschen.

In Deutschland unterstützte er aktiv die kurdische Yekiti Partei Syriens, mit der sich daraus ergebenden besonderen Gefährdung begründete er auch den Asylfolgeantrag.

Der Bielefelder Arbeitskreis (AK) Asyl führt an, dass in den vergangenen Monaten viele Berichte über Menschenrechtsverletzungen an nach Syrien abgeschobenen Kurden bekannt geworden seien, die auch in einem Bericht des Auswärtigen Amtes genannt werden. Auf Grund dieses Berichtes wurde vom Innenministerium ein Entscheidungsstopp angeordnet, viele syrische Flüchtlinge wurden andernorts aus der Abschiebehaft entlassen.

Basis für die Abschiebungen ist ein 2008 zwischen Deutschland und Syrien geschlossenes Rücknahmeabkommen, dessen Rücknahme im Bundestag von SPD, Grünen und der Partei Die Linke gefordert wird.

Der AK Asyl unterstützt die Forderung der Demonstranten, Biesho aus der Abschiebehaft zu entlassen und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über den Asylfolgeantrag abzuwarten.

Eine Delegation der Demonstranten wurde im Rathaus vom Vertreter des allgemeinen Bürgermeister-Vertreters Manfred Schürkamp empfangen.

[Foto] Unterstützer im Regen: Vor allem Freunde und Verwandte des in der Abschiebehaftanstalt Büren sitzenden Abdou Biesho fordern trotz strömenden Regens die Freilassung des syrischen Kurden und den Stopp der Abschiebung.
Sie fürchten, dass er in Syrien verschleppt, gefoltert oder sogar ermordet werden könnte. FOTO: RALF BITTNER

Stadt wartet Verfahren ab

Bei einem Gespräch zwischen zwei Verwandten Abdou Bieshos und Erika Zemaitis auf der einen, und Manfred Schürkamp als allgemeinem Vertreter des Bürgermeisters auf der anderen Seite, sicherte die Stadt zu, in dem Abschiebeverfahren zunächst die Entscheidung über einen Eilantrag am Verwaltungsgericht Minden abzuwarten. Mit diesem soll erreicht werden, dass dem Ausländeramt vom Bundesausländeramt mitgeteilt wird, dass Bieshos Klage gegen die Ablehnung seines Asylfolgeantrags eingelegt hat, also ein weiteres Verfahren läuft. So lange dieses neues Asyl-Verfahren läuft, darf Biesho nicht abgeschoben werden, da Abschiebung während eines laufenden Verfahrens ausgeschlossen sind. Die Entscheidung des Gerichts erwartet Pressesprecher René Schilling innerhalb einer Woche. Bis dahin bleibt Biesho in Abschiebehaft. Eine eventuelle Abschiebung würde in Absprache zwischen Stadt und Zentraler Ausländerbehörde (ZAB) erfolgen, so dass sicher gestellt ist, dass Biesho nicht vor der Entscheidung des Gerichts abgeschoben werden wird. (rab)