26.05.2014

Neue Westfälische: Bunter Protest gegen Flüchtlingsleid

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Seite 21 - Lokales Bielefeld

Demonstranten kritisieren Verl, Harsewinkel und Rietberg für Umgang mit Verfolgten

VON ROLF BIRKHOLZ

Gütersloh. Trommeln für bessere Lebensbedingungen. Die Gruppe "Rhythms of resistance" gab auf einem Demonstrationszug durch die belebte Innenstadt ab Samstagmittag für zweieinhalb Stunden den Ton an. "No border, no nation, stopp deportation!", wurde skandiert. Um die 200 meist junge Leute zogen mit bei dem von einem Bielefelder Bündnis von Asylinitiativen und Flüchtlingen organisierten Marsch.

Er führte vom Hauptbahnhof über den Kolbeplatz zunächst zum Berliner Platz. Dort und an den nächsten Stationen, am Ort des ehemaligen (Abschiebe-) Gefängnisses hinter dem Amtsgericht, am Rathaus und wiederum vor dem Bahnhof, berichteten Aktivisten und Asylsuchende über Lebensverhältnisse der Geflüchteten und stellten Forderungen.

Gütersloh sei als Ort des Protestes ausgewählt worden, so die Veranstalter, weil die Ausländerbehörde des Kreises und die Kommunen für ihre "restriktive Praxis" in der Auslegung der Gesetze bekannt seien. Besonders die Verhältnisse in Harsewinkel, Verl und Rietberg wurden angeprangert.

"Wir haben nicht erwartet, hier die gleiche Diskriminierung zu erleben wie in unseren Heimatländern", beklagte ein Flüchtling etwa die Lage in Harsewinkel. Warum die Geflohenen arbeiten müssten, um soziale Unterstützung zu erhalten? "Wir werden benutzt", sagte er, um für einen Euro zum Beispiel die Stadt zu reinigen oder Schnee zu schieben.

Stattdessen sollten sie besser Deutsch-Kurse bekommen, schlug der Redner vor. "Dann könnten wir selbst etwas für uns und dieses Land tun." Freie Deutschlehrgänge und Bewegungsfreiheit wurden mehrfach verlangt, ebenso die Abschaffung des Gutscheinsystems und des Arbeitszwangs.

Auch schärfere Töne Richtung Berlin waren zu hören. Man klage Deutschland an wegen der Abschaffung des Rechts auf politisches Asyl, hieß es auf Französisch. Von mangelnder Verantwortung, unterlassener Hilfeleistung, gleich bleibend hohen Suizidzahlen in den Heimen war die Rede. "Ich frage mich, ob die Menschrechte hier in Deutschland überhaupt existieren."

Auf Plakaten wurde gefordert: "Roma als Geflüchtete anerkennen" und "Zuflucht statt rassistischer Ausgrenzung". Der CDU/SPD-Regierung hielt man vor, das "Märchen" von sicheren Herkunftsländern wie Serbien, Mazedoniern und Bosnien-Herzegowina zu erzählen. Hinter dem Amtsgericht wurde daran erinnert, dass im ehemaligen Gefängnis (an dessen Stelle heute die Sporthalle steht) auch Abschiebehäftlinge gesessen hätten.

Dort hieß es, dass selbst nach gültigem Recht heute bis zu 90 Prozent der Menschen unrechtmäßig in Abschiebehaft säßen, etwa in Büren. Politisches Ziel sei es, "jeden Flüchtling systematisch zu inhaftieren."

Vor dem Rathaus wurden die Teilnehmer der Demonstration aufgerufen, Flüchtlinge anzusprechen. "Hört euch ihre Geschichten an." Das sei der wichtigste Beitrag, den Aktivisten leisten könnten.

[FOTO 1] Grenzenloses Europa: Auch die Aufhebung der EU-Außengrenzen und der "Konstruktion von Volk, Nation und Rasse", forderten die Demonstranten, hier in der Passage zum Kolbeplatz.

[FOTO 2] Zuflucht statt Ausgrenzung: Einmal durch die Innenstadt schlängelte sich der Demonstrationszug, dessen Teilnehmer sich für die Rechte von Flüchtlingen einsetzten.

Info: Vorwürfe

Geflüchtete müssten in Verl und Harsewinkel "Zwangsarbeit" leisten für eine "hämische" Vergütung von 1,05 Euro pro Stunde, so die Demo-Veranstalter.

Bei Arbeitsverweigerung drohten "massive Kürzungen der monatlichen Leistungen".

Das werde durch das Asylbewerberleistungsgesetz legitimiert.

"Ich denke, wir sind Menschen und keine Sklaven", so ein Verler Flüchtling.