16.06.2018

Demonstration gegen NRW-Polizeigesetz in Bielefeld

Ein breites Bündnis ruft zur Demo für den Erhalt von Freiheit und Bürger_innen-Rechten gegen das Polizeigesetz (PolG) NRW auf. Am 30. Juni 2018, 11 Uhr geht es los. Die Route führt vom Hauptbahnhof Bielefeld über den Jahnplatz zum zum Kesselbrink.

"Nein! zum neuen Polizeigesetz NRW" #NoPolGNRW

Aufruf

Die NRW-Landesregierung plant eine massive Verschärfung des Polizeigesetzes. Noch vor der parlamentarischen Sommerpause soll diese ohne große Diskussion verabschiedet werden. Diese Verschärfung hebelt grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung und Gewaltenteilung aus. Das neue Polizeigesetz ermöglicht es, Menschen auch ohne konkreten Verdacht anzuhalten und zu durchsuchen, bis zu einen Monat in Präventivgewahrsam zu nehmen oder mit Hausarrest zu belegen. Sie soll Smartphones hacken dürfen, um Messenger wie WhatsApp mitzulesen – nicht nur von vermeintlich verdächtigen Personen, sondern auch in deren sozialem Umfeld. Zudem wird auch die Videoüberwachung des öffentlichen Raums ausgeweitet.

Kern des neuen Polizeigesetzes ist die Einführung des Rechtsbegriffes der „drohenden Gefahr“. Durch die „drohende Gefahr“, also die bloße Vermutung einer Gefahr, wird die Polizeitätigkeit vorverlagert in einen Bereich, in dem noch gar keine konkrete Gefahr droht. Verbrechen so weit im Vorfeld zu verhindern, mag im ersten Moment wünschenswert erscheinen, erhebt aber unverdächtiges, grundrechtlich geschütztes Handeln in den Bereich des verdächtigen und bedroht damit die Unschuldsvermutung. Strafbefugnisse im Polizeigesetz und der Eingriff bei Verdacht auf Gefahr verwischen die als Lehre aus den Erfahrungen mit der Gestapo im Faschismus verankerte Grenze zwischen polizeilicher und nachrichtendienstlicher Tätigkeit und stellen auch die Gewaltenteilung insgesamt in Frage.

Betroffen von diesen Eingriffen in Grundrechte sind potentiell alle Menschen. Es reicht schon, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Doch muss klar sein: manche wird es früher und härter treffen als andere – nämlich diejenigen, die bereits besonderes Ziel polizeilicher Eingriffe sind. Durch den im Polizeigesetz vorgesehen Ausbau von strategischen Fahndungen werden von Rassismus betroffene Menschen noch weit mehr als jetzt von „racial profiling“-Kontrollen getroffen werden.

Auch Beschäftigte, die sich an Tarifverhandlungen für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen;SchülerInnen, die sich gegen Kürzungen im Bildungssystem engagieren; Menschen, die sich antifaschistisch positionieren; Studierende, die sich gegen den Leistungsdruck in den Unis organisieren; Teilnehmende an Demos gleichermaßen, wie Nichtteilnehmende, Fußballfans, Wohnungslose, Menschen mit psychischen Erkrankungen und viele weitere werden die Maßnahmen verstärkt zu spüren bekommen.

Das neue Polizeigesetz in NRW und die Neuerungen in anderen Bundesländern stehen in einer langen Tradition von Angriffen auf Demokratie und Grundrechte gegen die Interessen der Bevölkerung. Schon 1968 sollte mit den Notstandsgesetzen die Möglichkeit geschaffen werden, Personen beliebig ohne richterliche Haftprüfung einzusperren – die sogenannte Schutzhaft-, wie es nun mit dem Gefährder-Gesetz umgesetzt werden soll. Doch gerade die damalige Abwehr der Einführung zeigt, dass wir uns dagegen wehren können.

Die Argumente heute wie damals gleichen sich: Die Verteidigung angeblicher „deutscher Werte“ und die Abwehr von Terror, trotz sinkender Kriminalitätsrate . In den letzten Jahren haben wir erlebt, wie mit der medial geschürten Angst vor Terror und „Ausländerhass“ die Grundlage für die Durchsetzung der neuen Polizeigesetze gelegt wurde. Doch es geht nicht um die Bekämpfung von Terror, sondern um ein Einschränken der Selbstbestimmung, Demokratie und fortschrittlicher Entfaltung. Das ist der Weg in den Polizei- und Überwachungsstaat!

Wir sagen deshalb – wie in vielen anderen Bundesländern auch – NEIN zum neuen Polizeigesetz in NRW; NEIN zum massiven Eingriff in die Grundrechte von Millionen von Menschen und NEIN zu massenhafter Überwachung unter dem Deckmäntelchen von Sicherheit und Ordnung!

Wir wollen die Neuerungen im Polizeigesetz und die Auswirkungen, die daraus folgen, in der breiten Öffentlichkeit bekannt machen und werden dazu in vielen verschiedenen Städten NRWs Infoabende veranstalten – frag auch du bei uns für eine Veranstaltung in deiner Stadt an!

Wir fordern den Landtag NRW auf, die Gesetzesänderungen nicht zu beschließen. Hierzu werden wir die Debatten zum Gesetz im Landtag in Düsseldorf kritisch begleiten und so auch am 07.06. zur öffentlichen Anhörung aktiv sein. Mit einer Demonstration am 30.06.2018 und damit eine Woche vor der vermutlich letzten Lesung zum Gesetz wollen wir in Bielefeld unseren Protest auf die Straße tragen – komm auch du mit und mobilisiere dazu im Vorfeld!

Außerdem mobilisieren wir zur landesweiten Großdemonstration am 7.7. in Düsseldorf!

Auch wenn das Gesetz verabschiedet werden sollte, werden wir nicht aufhören dagegen aktiv zu sein – wir werden die Verschärfungen und Einschränkungen der Grundrechte aller nicht tatenlos hinnehmen!

Wir sind das Bündnis „Nein zum neuen Polizeigesetz NRW“. Wir sind Menschen aus verschiedenen Gruppen aus Zivilgesellschaft und außerparlamentarischem Aktivismus; wir sind Einzelpersonen aus Verbänden und politischen Parteien. Auch wenn wir in einzelnen Positionen unserer alltäglichen Praxis nicht übereinstimmen, so kommen wir doch zusammen, um gegen das neue Polizeigesetz zu protestieren, weil es uns alle betrifft – im Alltag, auf der Straße, in Schule, Uni und Betrieb.